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Eine höhere Omega-3-Konzentration im Blut kann das Sterberisiko aufgrund einer COVID-19-Infektion verringern – das zeigt nun eine aktuelle Studie an 100 Patienten, die mit COVID-19-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden (1).
Das relative Sterberisiko bei Personen mit einem niedrigeren Omega 3 Index (unter 5,7 %) war rund vier Mal so hoch, als bei den Patienten, die einen höheren Wert aufwiesen (über 5,7 %).
Was beschreibt der Omega 3 Index?
Der Omega-3-Index misst den Anteil der mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) in der Membran der roten Blutkörperchen.
Er spiegelt den Omega-3-Status des Körpers über die letzten 4 Monate wider, ähnlich wie das Hämoglobin A1C den Langzeit-Blutzuckerspiegel angibt.
Ein Omega-3-Index im Bereich von 8 – 12 % gilt als optimal, um die Gesundheit von Gehirn (5,15) Herz (8,13) undStoffwechsel (2,16) zu erhalten. Als wichtiger Mitspieler im Immunsystem regulieren EPA und DHA Entzündungsprozesse, sie wirken dabei entzündungshemmend und bringen das Immunsystem nach einer Abwehrreaktion wieder zur Ruhe (6, 9,17,18,20).
Omega 3 und die Immunsignatur
Alle unsere Zellen sind umgeben von Membranen – feinen Hüllen aus Phospholipiden, die die Zelle von der Umwelt abgrenzen und ganz gezielt Stoffe passieren lassen.
Mit dem, was wir essen, bestimmen wir maßgeblich Eigenschaft und Funktion dieser Membranen mit. So haben wir selbst in der Hand, ob sie fluide, beweglich und funktionsfähig oder starr und in ihrer Arbeit eingeschränkt sind. Auch Omega 3 Fettsäuren sind Bestandteile dieser Membranen und maßgeblich für die Flexibilität verantwortlich.
In einer Immunreaktion werden diese Fettsäuren aus den Zellmembranen herausgelöst, um ihre immunmodulierenden Eigenschaften zu entfalten, dazu gleich mehr (12,18,19, 20).
Von einer flexiblen Membran sind auch u.a. Rezeptorfunktionen abhängig, wie z.B. die Signalübertragung von Insulin und damit die Aufnahme von Glucose in die Zelle (2,16).
Die Insulinempfindlichkeit unserer Zellen ist elementar wichtig, für einen gut funktionierenden Stoffwechsel.
Und unsere Stoffwechselgesundheit hat einen Einfluss auf unsere Immunsignatur – stoffwechselbedingte chronische Erkrankungen, schwächen die Immunfunktionen und machen damit anfälliger für Infektionskrankheiten, auch für COVID-19. Dr. Gerrit Keferstein geht in diesem Artikel genauer darauf ein.
Im Verlauf einer Immunreaktion steigen zuerst entzündungsfördernde Substanzen an, unter anderem wird dafür aus den Zellmembranen Arachidonsäure freigesetzt (12) – eine Omega 6 Fettsäure. Das ist notwendig, damit die Immunreaktion so richtig in Gang kommen kann (3, 10, 18, 19).
Eine Entzündung die zu lange anhält, führt jedoch früher oder später zu Schäden im gesamten Organismus (4,5). Das Immunsystem muss also zeitnah den Erreger bekämpfen und dann wieder zur Ruhe kommen, damit wir in ein Gleichgewicht zurückfinden. Diese Flexibilität ist entscheidend für unsere Gesundheit.
Dafür steigen während einer Immunreaktion entzündungshemmende Substanzen an, die die Immunkomponenten bremsen sollen. Dazu gehören EPA und DHA, die ebenfalls aus den Zellmembranen freigesetzt werden (12). Sie sorgen mit steigender Konzentration für eine Begrenzung der Entzündung und schlussendlich dem Ende der Immunreaktion (3,6,9,17,19).
Omega 6 : Omega 3 – das Verhältnis entscheidet
Entscheidend für dieses feine Zusammenspiel aus Entzündung und Heilung ist nicht nur die Menge an Omega 3, sondern auch deren Verhältnis zur mehrfach ungesättigten Omega 6 Fettsäure, der Arachidonsäure, das bei maximal 1:4 liegen sollte. In westlichen Industrienationen sind allerdings durch den hohen Konsum von Fleisch, Wurst und Milchprodukten aus Massentierhaltung Verhältnisse von 1:25 und mehr keine Seltenheit (17). Das spiegelt sich auch in den Untersuchungsergebnissen der anfangs zitierten Studie wieder: nur 25 von den 100 Patienten, hatten einen Omega 3 Index
über 5,7%. 75 der Patienten lagen mit ihren Werten deutlich unter der Norm. Aus dieser Gruppe starben 13 Patienten, aus der besser versorgten Gruppe nur einer (1).
Omega 3 und Metainflammation
Wenn die Zellmembranen mit zu wenig Omega 3 ausgestattet sind, werden Immunreaktion weder in Schach gehalten, noch rechtzeitig beendet. Damit steigt das Risiko für eine chronisch-niedriggradige Entzündung (4,14,17, 18).
Eine chronische Entzündung kann durch Lebensstilfaktoren wie Stress, ungesunde Ernährung, Nährstoffmangel (Omega 3!) oder Bewegungsmangel über Jahre aufrecht gehalten werden. Ähnlich wie die Glut eines Feuers schwelt diese Entzündung vor sich hin, erzeugt dabei viel schädlichen Rauch und verbraucht Unmengen an Energie. Die Reaktionsfähigkeit des Immunsystems wird starrer, die Immunantwort stärker und unkontrollierter (4,13,16).
Nahrung als Medizin
Damit sollte auch klar sein, dass es nicht erst wichtig ist Omega 3 im Krankheitsfall zuzuführen. Die Fettsäuren müssen schon vorher in den Zellmembranen eingebaut werden, um ihre antientzündliche Wirkung zu entfalten.
EPA und DHA sind essenzielle Fettsäuren, die unser Köper nicht selbst herstellen kann. Wir müssen sie über die Nahrung aufnehmen. Zu finden sind sie in Fisch, Meeresfrüchten, Algen und in kleinerer Dosis auch in Wild, sowie Tieren aus artgerechter Weidehaltung.
Es gibt auch immer mal wieder Aussagen darüber, dass Leinöl oder Walnüsse reich an Omega 3 Fetten sind. Jedoch ist hier nur der Vorläufer von EPA und DHA enthalten, die Alpha Linolensäure. Deren Umwandlungsrate zu den gewünschten Fettsäuren liegt bei maximal 5 %, in unseren Breiten oft sogar nur bei 2 – 3 %. Das reicht leider nicht für eine gute Menge EPA und DHA (11).
Mindestens 3 mal pro Woche Fisch, Meeresfrüchte oder Algen zu essen schafft eine gute Grundlage für die Versorgung mit essenziellen Omega 3 Fettsäuren und eine positive Auswirkung auf die Immunsignatur. Dabei solltest du auf die unbedingt auf die Qualität und die Art achten, da Fisch, vor allem große Arten wie Thunfisch stark Schwermetall-belastet sind. Der Fischratgeber von WWF unterstützt dich bei der Auswahl.
Bei einem bestehenden Mangel (z.B. durch schon vorhandene chronische Erkrankungen, einseitige Ernährung, Stress etc.) ist häufig eine Ergänzung mit gereinigtem Fisch- oder Algenöl, zB von Omega 3 Zone oder Norsan empfehlenswert, um den Spiegel wieder auf einen optimalen Wert anzuheben.
LITERATUR
1) Asher, Arash et al. (2021). Blood omega-3 fatty acids and death from COVID-19: A pilot study. Prostaglandins, Leukotrienes and Essential Fatty Acids, Volume 166, 102250
2) Albert, B., Derraik, J., Brennan, C. et al. Higher omega-3 index is associated with increased insulin sensitivity and more favourable metabolic profile in middle-aged overweight men. Sci Rep 4, 6697 (2014). https://doi.org/10.1038/srep06697
3) Bannenberg. G. et al (2005). Molecular Circuits of Resolution: Formation and Actions of Resolvins and Protectins. The Journal of Immunology April 1, 2005, 174 (7) 4345-4355; DOI: 10.4049/jimmunol.174.7.4345
4) Bosma-den Boer, M. M., van Wetten, M. L., & Pruimboom, L. (2012). Chronic inflammatory diseases are stimulated by current lifestyle: how diet, stress levels and medication prevent our body from recovering. Nutrition & metabolism, 9(1), 32. https:// doi.org/10.1186/1743-7075-9-32
5) Bonaccio,M. Et all (2016). A score of low-grade inflammation and risk of mortality: prospective findings from the Moli-sani study. Haematologica;101(11):1434-1441; https://doi.org/10.3324/haematol.2016.144055.
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7) Baghai, T. C., Varallo-Bedarida, G., Born, C., Häfner, S., Schüle, C., Eser, D., Rupprecht, R., Bondy, B., & von Schacky, C. (2011). Major depressive disorder is associated with cardiovascular risk factors and low Omega-3 Index. The Journal of clinical psychiatry, 72(9), 1242–1247. https://doi.org/10.4088/JCP.09m05895blu
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10) Levy, B.D.; Clish, C.B.; Schmidt, B.; Gronert, K. & Serhan, C.N. (2001). Lipid mediator switching during acute inflammation: signals in resolution. Nat Immunol 2:612-619.
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13) Pottala, J. V., Garg, S., Cohen, B. E., Whooley, M. A., & Harris, W. S. (2010). Blood eicosapentaenoic and docosahexaenoic acids predict all-cause mortality in patients with stable coronary heart disease: the Heart and Soul study. Circulation. Cardiovascular quality and outcomes, 3(4), 406–412. https://doi.org/10.1161/ CIRCOUTCOMES.109.896159
14) Priumboom, L. (2017): The multiple faces of the immune system. : Modern life causes low-grade inflammation and thereby provokes conflict between the selfish immune system and the selfish brain. [Groningen]: Rijksuniversiteit Groningen.
15) Tan, Z. S., Harris, W. S., Beiser, A. S., Au, R., Himali, J. J., Debette, S., Pikula, A., Decarli, C., Wolf, P. A., Vasan, R. S., Robins, S. J., & Seshadri, S. (2012). Red blood cell ω-3 fatty acid levels and markers of accelerated brain aging. Neurology, 78(9), 658–664. https:// doi.org/10.1212/WNL.0b013e318249f6a9
16) Taouis, M.; Dagou, C.; Durand, G.; Pinault, M. & Delarue, J. (2002). n-3 Polyunsaturated fatty acids prevent the defect of insulin receptor signaling in muscle. American Journal of Physiology-Endocrinology and Metabolism.282:3, E664-E671
17) Schmiedel V: Schwelbrand im Körper. DHZ – Deutsche Heilpraktiker Zeitschrift, 2017; 1: 28–32
18) Serhan, C.N.; M Chiang, N.; Dalli, J. & Levy, B.D. (2015). Lipid Mediators in the Resolution of Inflammation. Cold Spring Harb Perspect Biol 2015;7:a016311
19) Serhan, C.N. & Savill, J. (2005). Resolution of inflammation: the beginning programs the end. Nature Immunology VOL 6 / 12.
20) Teitelbaum, J.E. & Walker, W.A. (2001). Review: the role of omega 3 fatty acids in intestinal inflammation. Journal of Nutritional Biochemistry 12 (2001) 21–32