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Sebastian Stolte
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Fett ist nicht gleich Fett. Unser Körperfett lässt sich in braunes- und weißes Fettgewebe unterscheiden. Einen hohen Anteil an braunem Fettgewebe haben wir vor allem nach der Geburt und im Säuglings- und Kinderalter. Es besitzt Mitochondrien und ist mit kleinen Kapillaren durchzogen. Säuglinge können mithilfe dieses Fettgewebes aktiv Wärme produzieren und somit auf äußere Kältereize reagieren. In diesem Prozess der „Thermogenese“ wird das verbrannte Fett nicht in Energie (ATP), sondern in Wärme umgewandelt. Mit zunehmendem Alter verlieren wir dieses braune Fettgewebe (wenn wir uns nicht mehr regelmässig der Kälte aussetzen). Als Erwachsener Mensch besitzen wir nur noch einen sehr kleinen Anteil an braunem Fettgewebe, welches bei sehr starken Kältereizen zur Regulation der Körpertemperatur einen kleinen Beitrag leisten kann. 

Das weiße Fettgewebe bildet unsere Fettspeicher im gesamten Körper. Eine aktive thermoregulatorische Funktion wie das braune Fettgewebe besitzt es jedoch nicht. Allerdings ist das weiße Fettgewebe in der Lage Hormone zu produzieren. In der Masse ist das Fettgewebe unser größtes endokrines (hormonbildendes) Organ im Körper. Über die Produktion bestimmter Hormone ist es beispielsweise mit Leptin an der Regulation unseres Appetits beteiligt. 

Das weiße Fettgewebe muss noch einmal unterteilt werden – und zwar danach, wo es im Körper vorkommt. Schauen wir uns Menschen von außen an, dann sehen wir das subkutane, das direkt unter der Haut eingelagerte, Fettgewebe. Evolutionär gesehen war die Speicherung von Energie in Form von Fett absolut überlebenswichtig und versorgte unsere Vorfahren in Zeiten von Nahrungsknappheit mit Treibstoff um erneut auf die Suche nach Nahrung gehen zu können. Bei Frauen dient das Fettgewebe beispielsweise auch als Energie-Reserve für die Schwangerschafts- und Stillzeit. 

Warum macht uns unser Körperfett krank?

Aber was ist nun passiert, dass uns unser Körperfett krank macht? Der entscheidende Punkt ist schlichtweg die Menge die dem einzelnen Menschen gefährlich wird. Neben dem Gesamtkörperfett ist außerdem das sogenannte viszerale Fett das größte Problem. Das auch als „Organfett“ bezeichnete Gewebe sammelt sich zwischen- und direkt in den Organen. Von außen nahezu unsichtbar, kann es auch bei sonst schlanken Menschen einen kritischen und gesundheitlich relevanten Anteil an der Gesamtkörpermasse ausmachen. Nahrungsüberschuss, ein hoher Zuckerkonsum, Bewegungsmangel und Stress begünstigen die Entstehung von viszeralen Körperfett. Ist nun viel von diesem Fettgewebe vorhanden, werden auch viele Botenstoffe gebildet. Diese begünstigen niedrigschwellige Entzündungen im Körper, Bluthochdruck sowie eine Insulinresistenz der Zellen. Auch ein Einfluss auf das Immunsystem geht vom viszeralen Körperfett aus. So ist es in der Lage Interleukin-6 zu bilden. Dieses gehört zu den Zytokinen und ist als Teil des Immunsystems an der Steuerung von Entzündungsprozessen und Immunreaktionen beteiligt. Dazu gleich mehr.

Viszerales Körperfett als Ursprung vieler Risikofaktoren für COVID-19 – ein „Teufelskreis“

Auch im Zusammenhang mit COVID-19 zeigt sich, dass das viszerale Körperfett einen entscheidenden Risikofaktor darstellt. Unterschiedliche Studien stellen einen Zusammenhang zwischen einem hohen Anteil von viszeralen Körperfett und der schwere des Verlaufes einer COVID-19 Infektion fest. Der direkte Zusammenhang setzt sich vermutlich aus unterschiedlichen Gründen zusammen. Ein hoher Anteil an Körperfett (viszeral und subkutan) stellt bereits ein Risikofaktor für das metabolische Syndrom und die Begünstigung von Insulinresistenz, Diabetes Typ 2, Bluthochdruck sowie die koronare Herzkrankheit dar. Diese Erkrankungen und ihre zugrundeliegenden Stoffwechselstörungen allein begünstigen einen schweren Verlauf einer Corona Infektion. Alle haben gemeinsam, dass sie entweder durch niedrigschwellige Entzündungen ausgelöst werden oder diese verursachen und begünstigen. Die Botenstoffe die im viszeralen Körperfett gebildet werden befeuern diese Entzündungen zusätzlich. Ein „Teufelskreis“ findet seinen Ausgangspunkt!

Zudem zeigt sich bei übergewichtigen verstorbenen Corona-Patienten, dass das Interleukin-6 erhöht ist. Ein Hinweis darauf, dass schwere Komplikationen und die Todesfolge einer Infektion durch eine Überregulierung des Immunsystems verursacht wird. Bei einem Zytokinsturm wird vom Immunsystem eine überschwellige Immunreaktion ausgelöst, die, wenn sie nicht wieder abklingt, über Gewebeschädigungen bis hin zu Organversagen führen kann. Das Immunsystem ist derart aktiv, dass es nicht nur vom Virus infizierte Zellen markiert und angreift, sondern auch gesunde Zellen bekämpft und in den Zelltod schickt.

Das eigene Risiko Zuhause abschätzen

Wie erkenne ich jetzt aber wie hoch mein Risiko durch viszerales Körperfett ist. Neben aufwendigen medizinischen Messungen, kannst du einen kurzen Check zuhause machen.

  1. Nimm ein Maßband.
  2. Miss den Umfang deiner Taille an der breitesten Stelle.
  3. Miss den Umfang deiner Hüfte an der breitesten Stelle.
  4. Teile den Umfang der Taille durch den Umfang der Hüfte.

Der Faktor der sich daraus ergibt sollte bei Männern nicht über 1,0 und bei Frauen nicht über 0,85 liegen.

Im zweiten Schritt schaust du deinen Bauch zuerst im Stehen und danach im Liegen an. Das Unterhaut Fettgewebe wird sich an den Seiten sammeln. Das viszerale Fett bleibt wo es ist und dein Bauch bleibt auch im Liegen eher rund und straff. 

Mit diesen beiden Selbsttests bekommst du ein kleines Gefühl für deine Körperzusammensetzung. 

Wie werde ich nun effektiv (viszerales) Fettgewebe los?

Kehre die oben genannten Einflussfaktoren um – werde aktiv.

  1. Vermeide eine überschüssige Energieaufnahme über die Nahrung und Getränke!
  2. Reduziere stark deinen Zuckerkonsum – meide Zucker (egal welchen) wo immer es geht!
  3. Besorge dir echte und frische Lebensmittel – verarbeite sie selbst und lass es dir schmecken!
  4. Schlafe mindestens 8 Stunden pro Nacht!
  5. Bewege dich regelmäßig und mindestens 1x täglich intensiv!
  6. Achte auf dich selbst – komm zur Ruhe wo immer es geht – atme tief in den Bauch!
  7. Gib deinem Körper 1x täglich einen Kältereiz. Beispielsweise mit einer kalten Dusche!

Bedenkt man abschließend, dass beispielsweise die Häufigkeit von Diabetes Typ 2 seit Jahren weltweit ansteigt und auch Übergewicht und Adipositas weltweit zunehmend auftreten, wird deutlich, dass aktuell das Zusammentreffen zweier Pandemien und deren traurige Interaktion miteinander derart fatale Auswirkungen begünstigen kann. Die gute Nachricht daran ist, dass die negativen Einflussfaktoren sofort veränderbar sind, da wir uns ohnehin jeden Tag mit ihnen beschäftigen.

Du isst und schläfst. Bewegst dich, atmest und frierst. Mach es richtig!

Literatur:

Chait, A., & den Hartigh, L. J. (2020). Adipose Tissue Distribution, Inflammation and Its Metabolic Consequences, Including Diabetes and Cardiovascular Disease. Frontiers in cardiovascular medicine, 7, 22. https://doi.org/10.3389/fcvm.2020.00022 

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Zhou, B et al. (2016). Worldwide trends in diabetes since 1980: a pooled analysis of 751 population-based studies with 4·4 million participants. The Lancet, Volume 387, Issue 10027, 1513 – 1530

https://doi.org/10.1016/S0140-6736(16)00618-8

Zhou, F., Yu, T., Du, R., Fan, G., Liu, Y., Liu, Z., Xiang, J., Wang, Y., Song, B., Gu, X., Guan, L., Wei, Y., Li, H., Wu, X., Xu, J., Tu, S., Zhang, Y., Chen, H., & Cao, B. (2020). Clinical course and risk factors for mortality of adult inpatients with COVID-19 in Wuhan, China: a retrospective cohort study. Lancet (London, England), 395(10229), 1054–1062. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30566-3 

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